Kulturgesichter Mittelhessen. Foto: lademann.media

Norman Keil

Singer/Songwriter

 

Wie viele Konzerte hast Du 2019 gespielt und wie viele waren es 2020?

Norman: 2019 habe ich 62 Konzerte gespielt. Das war eigentlich ein ganz geiles Jahr, in dem ich dachte, dass jetzt nach vielen Jahren Aufbauarbeit endlich alles auf dem Weg ist. 2020 habe ich dann gerade einmal fünf Konzerte gespielt – natürlich alles nur Corona-konforme Gigs mit wenig Gage und maximal 50 Besuchern, also nichts Lukratives. Ausgerechnet habe ich auch Anfang des Jahres, bevor das alles losging, gar nicht gespielt - Ende März sollte es losgehen mit der nächsten kleinen Tour. Für dieses Jahr sieht es kaum besser aus: Ich habe drei Sachen angenommen, wo ich angefragt wurde, aber ich vermute, dass das auch noch abgesagt wird. Ich lasse das jetzt auf mich zukommen. Vielleicht melden sich ja ein paar Veranstalter, wenn es jetzt warm wird, spontan und machen kurzfristig irgendwelche geförderten Draußen-Veranstaltungen. Groß „planen“ werde ich aber nichts.

Wie bist du bisher finanziell über die Runden gekommen?

Norman: 2020 haben mir hauptsächlich meine Fans mit Spenden durchs Jahr geholfen. Mit viel zugedrückten Augen habe ich das hingekriegt und bin da irgendwie durchgekommen. Ansonsten gibt's jetzt erstmal keine Lösung, und dieses Jahr bin ich natürlich auf die Hilfen angewiesen. Ich habe Neustarthilfe bekommen - das ist im Prinzip alles bis zum Sommer, in der Hoffnung, dass da vielleicht doch nochmal irgendwelche kleinen Konzerte machbar sind. Mit der Kohle muss ich jetzt die nächsten Monate haushalten. Bisher kam ich immer über die Runden, aber es ist seit einem Jahr jeden Monat eine Zitterpartie. Da ist dann das Konto auch ganz schnell mal überzogen. Mein Hauptverdienst ist tatsächlich die Live-Musik. Ich habe mir das über viele Jahre so aufgebaut, dass ich rein von den Konzerten lebe. Parallel habe ich übers Jahr verteilt ein paar GEMA-Einnahmen für Songs, die ich geschrieben habe und dafür, dass sie live gespielt werden. Aber auch das wird dieses Jahr alles wegfallen, da das ja rückwirkend gezahlt wird und ich 2020 kaum gespielt habe. Das heißt: 2021 wird noch mal härter werden als das letzte Jahr, denn die GEMA-Einnahmen hatten mir Mitte des vergangenen Jahres ein bisschen den Arsch gerettet. Das fällt jetzt auch weg.

Wie sieht deine derzeitige Lösung aus?

Norman: Ich versuche trotz allem, cool zu bleiben und mich aufs Wesentliche zu konzentrieren: Songs schreiben und produzieren und für meine Kinder da sein. Da steht ja auch einiges an in Sachen Homeschooling. Tatsächlich hatte ich aber fast ein Dreivierteljahr eine Blockade, weil ich keinen Sinn darin gesehen habe, Songs zu schreiben, da ich erstmal jeden Monat gucken musste, wie ich überlebe. Das demotiviert natürlich. Jetzt gerade ist mein Terminkalender wieder gut gefüllt, weil ich viele persönliche Projekte am Start habe. Ich arbeite derzeit unter anderem an einem autobiographischen Fotobuch mit Songtexten, Akkorden und einigen Geschichten – aus 15 Jahren Norman Keil. Außerdem will ich eine DVD drehen. In meiner Wohnung wird dann aufwändig Licht aufgebaut, das Ganze wird eine Art virtueller Rundgang. Ich werde in jedem Raum einen Song spielen. Und ich habe ein ganz besonderes Song- und Video-Projekt mit meinem Bassisten Volker Rechin zusammen geplant, das auch die Corona-Krise zum Thema haben wird. Dazu möchte ich aber noch nicht mehr verraten… Dazu ist noch zu vermerken, dass das alles Projekte sind, mit denen ich – zumindest erstmal – kein Geld verdiene. Es geht vor allem darum, wieder aktiv zu werden und nicht in Depressionen zu verfallen.

Was fehlt Dir am Meisten?

Norman: Natürlich vor allem der direkte Kontakt zu den Menschen. Es ist mein Lebenselixier, normalerweise die Hälfte des Jahres unterwegs zu sein, vor Leuten zu spielen und direkte Reaktionen zu haben. Ich habe es auch schon mit Online-Konzerten versucht, aber das frustriert mich. Ich kann nicht einfach in ein Handy reinsingen, so wie das andere machen – das erfüllt mich absolut nicht leider, sondern frustriert mich nur noch mehr. Klar werde ich bestimmt nochmal online gehen und ein kleines Hallo an die Fans senden. Aber insgesamt ist das Thema Streaming aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Da bin ich durchaus etwas eigen. Ich spiele zum Beispiel auch nicht auf Hochzeiten oder Ähnlichem. Ich brauche meine Songs, mein Publikum, um glücklich zu sein.

(Interview vom April 2021)

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